100% Mann – Workshops für junge Burschen
Interview mit Rupert Haselberger, Absolvent des Studiengangs LBI und Initiator der Workshopreihe 100% Mann für Burschen im Alter von 12 bis 14 Jahren.
Rupert Haselberger, ein engagierter Familienvater aus dem Waldviertel, absolvierte den Studiengang LBI – Leib-Bindung-Identität Entwicklungssensible Sexualpädagogik. Nun setzte er sein Wissen um und entwickelte mit viel Engagement und Gespür die Workshopreihe 100% Mann für Burschen im Alter von 12 bis 14 Jahren.
ICF: Lieber Rupert, kurz zu deiner Person, du bist verheiratet, Landwirtschaftsmeister und Sexualpädagoge ESSP.
Haselberger: Ja, meine Frau und ich haben vier Kinder. Ich bin beruflich selbstständig als Bio-Landwirt mit Milchviehhaltung, Direktvermarktung und eigenem Wald.
Meine Frau und ich haben Weiterbildungen im Bereich Beziehung und Persönlichkeitsentwicklung absolviert u.a. Partnerschaftstrainer bei Dr. Helmut Prader, Ausbildung in der Natürlichen Empfängnis Regelung bei Elisabeth Rötzer und die Teenstarausbildung. Bei Teenstar habe ich die Wichtigkeit des Themas Sexualpädagogik erkannt und mit dem Studiengang LBI wollte ich dieses Thema vertiefen. Der Studiengang LBI – Entwicklungssensible Sexualpädagogik vermittelt das Thema Sexualität ganzheitlich und integrierend in die Gesamtpersönlichkeitsentwicklung. Dieser ganzheitliche Blick auf den Menschen ist wichtig,
ICF: Wie kam es zu der Idee, Workshops mit dem Titel „100% Mann“ für junge Burschen zu machen?
Haselberger: Ich habe selber Burschen in diesem Alter und merke, wie wichtig es ist, ihnen Sicherheit in ihren Entwicklungsaufgaben zu geben, ihre Identität zu stärken und zwar mit Blick auf die Zukunft. Die Burschen wollen als Mann gesehen werden. Ich möchte ihnen auf dem Weg ihrer Entwicklung als Mann Sicherheit geben, sie unterstützen.
So oft geht es heute um die Frage Was kannst du noch werden? oder sie hören oft: Du darfst nicht als Mann… Und genau dort möchte ich den Burschen helfen. Burschen brauchen Bestätigung in ihrem Mann-werden und -sein. Egal welcher Mann man ist, man ist immer 100% Mann! Also sage ich zu den Burschen: Egal wie du bist, dick, dünn, klein, welche Noten in der Schule du hast, du bist immer 100% Mann.
Ich habe auch bemerkt, dass das provoziert. Mit dem Slogan 100% Mann verbindet man heute oft negative und bedrohliche Vorstellungen von Mann sein.Weibliche Stärke wird in der Öffentlichkeit positiv dargestellt und wahrgenommen, männliche Stärke wird oft abgewertet oder gleich als negative Gewalt gedeutet. Das schwächt die Burschen in ihrer Identitätsfindung. Wenn ich mit den Burschen über Männlichkeit spreche, hilft ihnen dieser Slogan: 100% Mann – er geht aufs Ganze, er ist kräftig, er ist männlich.
ICF: Ihr habt euch dreimal im Eltern-Kind-Zentrum in Haag getroffen. Was habt ihr gemacht?
Haselberger: Es kamen jedes Mal 14 Burschen zwischen 12 und 13 Jahren. Am Vormittag trafen wir uns für 3,5 Stunden und beschäftigten uns mit dem Thema Mannsein – also der Identitätsfindung als Mann. Zwischendurch wurde die Theorie mit auflockernden, abenteuerlichen Übungen im Freien kombiniert. So wird den Burschen die Möglichkeit gegeben, das Gelernte im Alltag zu integrieren, sie erhalten Ideen, wie sie die Theorie in die Praxis umsetzen können.
Beim Thema Bewusst Entscheiden schlugen die Burschen ein Schwert in einen Holzstock. Alleine die Erkenntnis „Ich kann das JETZT machen“ stärkt die Burschen. Oder sie haben einen Schild gehalten – Mann ist Beschützer und zeigt nicht sein ganzes Ich. Ein Schild kann eine Hilfe, ein Schutz sein oder aber ein sich Entziehen, eine Vermeidung hervorrufen, zum Beispiel bei einem Gespräch. Die Burschen lernen anhand dieser praktischen Übungen, Situationen im Alltag zu überdenken, ihre Reaktionen zu reflektieren und allenfalls zu verändern.
Ein ganz wichtiges Thema ist der Umgang mit Anspannung und Druck im Alltag. Wir besprechen darum auch zusammen, welche Möglichkeiten jeder hat, Spannung abzubauen, Entspannungsmöglichkeit zu finden und neue Ressourcen zu entdecken. Was passt zu mir, was macht mir Freude, was entspannt mich in schwierigen Situationen… Wenn Jugendliche nicht lernen, Druck und Spannung auszuhalten oder eben positiv abzubauen, greifen sie oft zu kurzfristigen Entspannungsmöglichkeiten wie z.Bsp. Pornografie oder Alkohol. Aber nicht nur diese bergen ein Suchtpotential. Die neuen Medien – chatten, usw. sind hier vielleicht noch gefährdender, da sie oft nicht als Gefahr für eine Abhängigkeit erkannt werden. Auch diese neuen Herausforderungen haben mich motiviert, dieses Programm zu entwickeln und über mögliche Entspannungsalternativen nachzudenken.
ICF: 100% Mann war sehr erfolgreich…
Haselberger: Ja, die Burschen waren total begeistert. Anhand der sehr positiven Feedbackbögen konnte ich sehen, dass es den Burschen sehr gut gefallen hat. Sie wollen alle wiederkommen. Ich glaube, ein vierter Nachmittag wäre ideal. Auch bei unseren Kindern gab es seit dem Kurs positive Entwicklungen.
Auch weiterhin möchte ich mit diesem Thema unterwegs sein, Wertschätzung für das Mannsein vermitteln und positive Entwicklungsschritte unterstützen. Aktuell bin ich in einer Neuen Mittelschule tätig. Für Mädchen gibt es dort einen Selbstverteidigungskurs, aber für Burschen gab es noch kein Angebot. 100% Mann ist hier ein gutes Programm für die Burschen.
ICF: Danke Rupert für das Interview und alles Gute für deine Arbeit mit den Burschen!
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