Leo war Archidiakon beim römischen Bischof Coelestin, ein hervorragender Prediger, ein bekannter und anerkannter Kleriker und Diplomat. 440 wurde er zu Coelestins übernächstem Nachfolger gewählt. Nach der Legende soll ihm Petrus selbst das Pallium überreicht haben: Leo arbeitete nachdrücklich an der Auffassung, der Bischof von Rom verwalte den Stuhl Petri
, seine Aufgabe sei die Obhut über die ihm anvertrauten Schafe
Es war die Zeit der Völkerwanderung und des unter ihrem Ansturm zerbrechenden römischen Reiches und zugleich innerkirchlich die Zeit harter Auseinandersetzungen um den rechten Glauben: Arianismus, Nestorianismus, Manichäismus, Pelagianismus und Gnosis machten der Kirche zu schaffen. In harten Auseinandersetzungen mit der Ostkirche vertrat Leo die Lehre von den zwei Naturen Christi. Als die Ostkirche 449 auf einer Synode in Ephesus – heute Ruinen bei Selçuk – am Monophysitismus festhielt, verdammte Leo diese Versammlung als Räubersynode
. Leos Tomus
genannter doktrinärer Brief an den Patriarchen Flavian von Konstantinopel aus diesem Jahr 449 wurde 451 beim Konzil von Chalkedon mit dem Bemerken, Petrus selbst habe durch Leo gesprochen, vom Konzil angenommen. Das Konzil wurde einberufen, um die Irrlehre des Eutychianismus, einer Form des Monophysitismus, zu verdammen; Leos Legaten hatten den Vorsitz inne und konnten sich durchsetzen, mit Hilfe des byzantinischen Kaisers wurde der Patriarch von Alexandria gestürzt und der römischen Lehre zum Durchbruch verholfen.
In vielen Ländern ordnete Leo die Kirche organisatorisch neu und stärkte die kirchliche Hierarchie. Er festigte entscheidend die Stellung des Bischofs von Rom und kann dadurch als der erste wirkliche Papst
mit Macht zur Leitung der gesamten abendländischen Kirche angesehen werden. Als Bischof von Rom war er bestrebt, eine überregionale Gesamtverantwortung aufzubauen und als Princeps apostolorum
, Erster der Apostel
, Vollmacht über die anderen Bischöfe und die gesamte Kirche auszuüben. Seine Macht festigte 451 er durch die Einberufung einer Bischofssynode in Mailand, der Stadt mit dem mächtigsten Bischofssitz neben dem von Rom. Als er während einer Synode in Rom von Bischof == Hilarius aus Arles angegriffen wurde, der sich als von Rom unabhängiger Metropolit von Gallien bestätigen lassen wollte, ließ Leo durch kaiserlichen Erlass dessen Aufenthaltsrecht auf seine Diözese beschränken.
So setzte Leo seine Oberhoheit über alle Bischöfe der Kirche im Westen durch: als vicarius Christi
sei dem Amtsinhaber in Rom die Sorge für die gesamte Kirche übertragen. Der (gefälschte) 6. Kanon von Nicäa, überschrieben De primatu ecclesiae Romanae
, über den Vorrang der römischen Kirche
beginnt mit den Worten Ecclesia Romana semper habuit primatum
, die Kirche von Rom hatte schon immer den Vorrang
.
452 reiste Leo den einmarschierenden Hunnen unter Attila entgegen; in Mantua sei er vor Attila so mutig und mit solcher Würde aufgetreten, dass dieser neben Leo Paulus und Petrus mit gezücktem Schwert geschaut habe; Leo erreichte die Umkehr der Hunnen und rettete Rom vor Zerstörung und Plünderung. Drei Jahre später stand Rom vor der Plünderung durch die Vandalen unter Geiserich; der Kaiser war bereits tot, das römische Militär geflohen, Rom eine offene Stadt; Leo trat der Überlieferung nach nun auch den Vandalen entgegentritt und konnte zwar nicht die Plünderung der Stadt verhindern, aber von Geiserich die Zusage erhalten, dass die Bürger nicht ermordet werden. Die Vandalen beschränkten sich auf Raub des Reichtums und der Kunstwerke – so deckten sie das vergoldete Dach des Jupitertempels ab – und verschleppten Tausende als Geiseln – darunter die Kaiserwitwe Eudokia -, um Lösegeld zu fordern; ihr Tun prägte den Begriff Vandalismus
, aber das Leben der Römer blieb erhalten: deshalb galt Leo als der Retter Roms und wurde schon zu Lebzeiten hoch verehrt.
Nach der Legenda Aurea starb Leo während einer Konzilspause, als er sich zurückzog, um seine Notdurft zu verrichten.
Als erster Papst wurde Leo in der damaligen Peterskirche beigesetzt. Sein Grab ist heute im Petersdom. 1754 wurde er von Papst Benedikt XIV. zum Kirchenlehrer ernannt.
Attribute: Drachen
Patron der Sänger, Musiker und Organisten