04/29: Katharina von Siena
Katharina von Siena
Ordensfrau, Mystikerin, Kirchenlehrerin
* 25. März 1347 in Siena in Italien
† 29. April 1380 in Rom
Caterina Benincasa wurde als 24. Kind des wohlhabenden Pelzfärbers Jacopo Benincasa und seiner Frau Lapa geboren; ihre Zwillingsschwester starb kurz nach der Geburt. Es war eine Zeit der Bürgerkriege, Machtkämpfe und Familienfehden; der Papst residierte in Avignon, der Adel unterdrückte das Volk. Mit sechs Jahren hatte Caterina ihre erste Vision mitten auf der Straße: sie sah Jesus Christus im Ornat des Papstes, umgeben von Petrus, Paulus und Johannes. Mit sieben Jahren legte sie das Gelübde der Jungfräulichkeit ab. Schon als Kind lebte sie asketisch. Schon mit zehn Jahren hatte sie Kontakte zum Dominikanerorden, dem ihr Vetter Tommaso della Fonte beigetreten war. Im Alter von zwölf Jahren sollte sie heiraten, weigerte sich aber, was ihr besonders die Mutter übel nahm. Der Zwist mit der Mutter endete nach drei Jahren, als der Vater über Caterinas Kopf eine weiße Taube schweben sah und daraufhin bestimmte, man solle sie in Ruhe lassen. Als ihr Gesicht durch Pockennnarben entstellt wurde, lebte sie nur noch zurückgezogen zu Hause. Sie ernährte sich von Kräutern und Wasser, fastete wochenlang, betete und übte sich im Schweigen, geißelte sich blutig und schlief wenig.
1363 trat Caterina in ihrer Heimat gegen den Willen ihrer Eltern in den Dritten Orden der Dominikaner in Siena ein, die wegen ihres langen schwarzen Umhanges „Mantellaten“ genannt werden, und lebte dort zunächst weiter in asketischer Strenge gegen sich selbst. Nach einer Vision gab sie ihr zurückgezogenes Leben auf und widmete sich mit Äußerster Hingabe in der Pflege von Kranken und Armen im Ospedale della Scala und im Leprosenheim S. Lazzaro. In einer mystischen Vision erlebte sie 1367 ihre Vermählung mit Christus und tauschte ihr Herz mit ihm; den Ehering sah sie ihr Leben lang an ihrem Finger. Mit inständigen Gebeten erflehte sie für ihre Eltern die Lösung aus dem Fegefeuer und nahm Peinigungen auf sich. Legenden berichten, wie sie bei einer Teuerung Brot aus dem als verdorben geltenden Mehl buk und damit ihre Umgebung ernähren konnte.
1369 lernte Caterina das Lesen, um die Bibel studieren zu können. Ab 1370 schrieb sie Briefe an hochgestellte Persönlichkeiten, die sie mitunter drei verschiedenen Sekretären gleichzeitig diktierte. 1374 musste sie ihre Visionen und ihr ungewöhnliches Verhalten vor dem Ordenskapitel der Dominikaner in Florenz rechtfertigen, konnte jedoch alle Bedenken ausräumen und durfte fortan in offiziellem Auftrag der Kirche reisen und predigen. Als geistlicher Führer wies ihr das Generalkapitel des Ordens Raimund von Capua zu, der später auch ihre Biographie verfasste.
Caterina arbeitete weiter hingebungsvoll für Arme und Kranke in Siena. Bei der Pflege von Pestkranken steckte sie sich 1374 an, ließ sich aber nicht von ihrem Tun abhalten. Einem frierenden Bettler gab sie eines Tages ihren Mantel; kritisiert, dass es unschicklich sei, ohne Mantel auf die Straße zu gehen, antwortete sie: „Ich will mich lieber ohne Mantel als ohne Liebe finden lassen.“ Den Verfall der Integrität des Klerus kritisierte Caterina nachhaltig: „Was Christus am Kreuz erwarb, wird mit Huren vergeudet!“ Sie scheute sich nicht, den „Herren der Kirche im Namen Gottes den Tod zu wünschen“.
Bewunderung weckten Caterinas Briefe zu spirituellen Fragen. Immer mehr Mystiker, Fromme, Geistliche und Laien, Männer und Frauen, scharten sich um sie, sie fühlten sich als „famiglia“, „Familie“, Caterina wurde von ihnen „mamma“, „Mutter“ genannt. Am 1. April 1375 erfolgte vor einem Kreuz in Pisa ihre Stigmatisierung: auf wunderbare Weise erscheinen an ihrem Körper die Wundmale Jesu; bis zu ihrem Tod waren sie allerdings nur für Caterina selbst zu erkennen.
1376 reiste Caterina zusmmen mit Raimund von Capua nach Avignon, um dort bei Papst Gregor XI. Fürsprache für die im Krieg mit dem Papsttum befindlichen Florentiner einzulegen. Zwar scheiterte ihre Mission, doch konnte sie den Papst dazu bewegen, nach Rom zurückzukehren. In ihren insgesamt 14 Briefen an den Papst ermunterte sie außerdem zum Aufruf zu einem Kreuzzug und zur Kirchenreform unter dem Gesichtspunkt der Rückkehr zur Reinheit und Armut der Ursprünge; der Korruption eines Großteils der Hierarchie müsse ein Ende gemacht werden, Kardinäle und Klerus sollten sich mehr um die Seelsorge kümmern.
Caterina begab sich wieder nach Siena, begann wieder zu meditieren und sich um die Hilfsbedürftigen zu kümmern. 1378 gründete sie in der Festung Belcano bei Siena, die ihr von einem Mitglied der „Famiglia“ geschenkt worden war, ein Reformkloster für Frauen. Im selben Jahr brach das Abendländische Schisma aus. Caterina unterstützte den neuen Papst Urban VI. und seine Reformideen. Auf seinen Wunsch hin ging sie nach Rom, um mit ihm für die Einheit der Kirche zu arbeiten.
Die letzten Jahre ihres Lebens ernährte Caterina sich nur noch von der EucharistieEucharistie – von griechisch ευχαριστειν, „Dank sagen“ – vergegenwärtigt das heilvolle Sterben Jesu Christi. Die Römisch-Katholische, die Orthodoxe und die Anglikanische Kirche nennen die Mahlfeier im Anschluss an 1. Kor 11, 24 Eucharistie, die Evangelischen Kirchen sprechen von „Abendmahl“ im Anschluss an Mark 14, 17 und 1. Kor 11, 23.; durch das jahrelange Fasten konnte ihr Magen keine Nahrung mehr aufnehmen. Ihr körperlicher Zustand verschlechterte sich, unter Schmerzen siechte sie monatelang dahin. Sie starb – der Überlieferung nach in der Peterskirche in Rom, wohin sie sich noch täglich geschleppt hatte. Ihre letzten Worte waren „Sangue, Sangue“, „Blut, Blut“.
Caterinas Leichnam ist in der Kirche der Dominikaner, S. Maria sopra Minerva in Rom in einem Glasschrein aufbewahrt. Ihr Körper war, als er 1430 exhumiert wurde, noch immer unversehrt. Mit päpstlicher Erlaubnis wurde der Leichnam zerteilt, um Reliquien zu erhalten; dies wurde zum letzten Mal 1855 wiederholt, als ihre Überreste noch immer erstaunlich gut erhalten waren. In der Basilika San Domenico in Siena werden in einem Marmor-Ziborium ein in Silber gefasster Finger und der Kopf der Heiligen aufbewahrt.
Caterina gilt in Italien als „die größte Frau der Kirchengeschichte“. Erhalten sind 381 ihrer Briefe als Zeugnisse mystischer Theologie. Als ihr literarisches Hauptwerk gilt das 1378 vollendete, zwischen 1472 und 1475 gedruckte Traktat „Libro della divina providenza“, „Buch über die göttliche Vorsehung“, auch „Il dialogo“, „Dialog“, genannt. In dieser Schrift richtet Caterina Seele vier Bitten an den Herrn: um die Gnade der Buße für sich selbst, um die Reform der Kirche, um den Frieden in der ganzen Welt und v. a. zwischen den Christen; dass die göttliche Vorsehung sich aller Menschen annehme.
In der Geschichte der Kirche nimmt Caterina eine besondere Rolle ein, da sie als Frau zur Ratgeberin von Päpsten wurde. Ihr Wirken für die Rückkehr des Papstes nach Rom ist nur mit demjenigen von Birgitta von Schweden vergleichbar. Die wichtigsten Zeugnisse über ihr Leben sind – abgesehen von ihren eigenen Werken – die von Raimund von Capua 1385 bis 1389 verfasste „Legenda maior“, „große Legende“ und die von Tomaso Caffarelli Anfang des 15. Jahrhunderts geschriebene „Legenda minor“, „kleine Legende“.
Kanonisation: Katharinas Heiligsprechung erfolgte 1461 durch Papst Pius II., die Ernennung zur Schutzpatronin Italiens 1939 durch Papst Pius XII. und zur Kirchenlehrerin 1970 durch Papst Paul VI. 1999 wurde sie von Papst Johannes Paul II. zusammen mit Birgitta von Schweden und Edith Stein zur Schutzheiligen Europas erklärt.
Attribute: Dominikanerhabit, Herz, Stigmata
Patronin von Europa, Italien, Rom und Siena; der Krankenschwestern, Wäscherinnen und Pfarramtssekretärinnen; der Sterbenden, der Laien im Dominikanerorden; für Vorsorge gegen Feuer; gegen Kopfschmerzen und Pest
Quelle: www.heiligenlexikon.de